Rundbrief 2022 August

Liebe Freunde
 
Kenia ist im Wahlfieber – am 9. August 2022 werden im ganzen Land Wahlen stattfinden. Von Gemeinderatswahlen bis hin zu der Präsidentschaftswahl. Es werden für sechs verschiedene Posten Kandidaten aufgestellt. Die Stimmung im ganzen Land ist angespannt. Wir hoffen einfach, dass Politiker gewählt werden, denen das Wohl der Bevölkerung wichtiger ist, als ihr eigenes. Betet mit uns, dass der Wahlprozess, die Auszählung der Stimmen, sowie die Ankündigung des neuen Präsidenten friedlich verlaufen und keine Unruhen und Stammesfehden im Land auslösen!

Im März wurde die Maskenpflicht auch in Kenia aufgehoben, doch bereits zwei Monate später, wurde das Maskentragen in der Öffentlichkeit wieder eingeführt. Die Corona-Fallzahlen waren wieder angestiegen, wobei man in der letzten Zeit kaum mehr etwas über Corona hörte. Ich bin dreimal geimpft und alle unsere Mitarbeiter, sowie Sekundarschüler und College Studenten sind auch geimpft.

Auch in Kenia spürt man den Klimawandel. Die Regenzeit fing dieses Jahr sehr spät an und es regnete viel weniger als in dieser Jahreszeit erwartet. In einzelnen Teilen des Landes gibt es schon seit längerer Zeit Dürre und Hungersnot. Im Juli war es bei uns ausserordentlich kalt.

In den Nachrichten hört man nur sehr wenig über den Krieg in der Ukraine. Doch jedermann ist direkt betroffen, denn Preise für Öl, Diesel, Benzin, viele Lebensmittel, Baumaterial und anderes sind in die Höhe geschnellt. Es gab auch schon mehrere Wochen, wo Benzin und Diesel eine Mangelware war. Stundenlang musste man vor Tankstellen warten und man durfte nicht einmal den ganzen Tank füllen.

In Kenia hat Ende April ein neues Schuljahr angefangen. Der Staat versucht immer noch die verlorene Schulzeit (da die Schulen coronabedingt geschlossen waren) vom Jahr 2020 aufzuholen. Das jetzige Schuljahr wird noch vor Ende Dezember abgeschlossen sein. So ein kurzes Schuljahr löst grossen Leistungsdruck auf Lehrer und Schüler aus. Der Stoff wird im Eilzugtempo bearbeitet und die Kinder haben viele Hausaufgaben. Doch wenn dieses Schuljahr einigermassen überstanden ist, wird der Schulkalender ab 2023 wieder regulär sein. Im Januar 2023 wird das neue Schuljahr anfangen und im November abgeschlossen werden.

Neues aus Tigoni

Zurzeit haben wir 21 Jungs und 25 Mädchen bei uns im Heim. Ende April, kurz nach der Beerdigung ihrer Mutter, wurden zwei Schwestern aus Soweto bei uns im Heim aufgenommen. Der Vater ist unbekannt und es gibt keine näheren Verwandte, welche bereit sind, die Mädchen aufzunehmen. Die Mutter verstarb an den Folgen von exzessivem Alkoholkonsum und war auch HIV+. Sehr schnell lebten sich die zwei Mädchen bei uns ein; Angela geht nun in die erste und Mary in die siebte Klasse.

Zwei Wochen später nahmen wir noch zwei Geschwister aus Soweto in unserer Grossfamilie auf. Ihr Vater verstarb vor zwei Jahren. Sie haben eine Mutter, doch aufgrund komplexer psychischer Problemen ist die Mutter nicht in der Lage, für ihre zwei jüngsten Kinder zu sorgen. Zwei weitere Geschwister aus dieser Familie werden in unserem Patenschaftsprogram in Soweto betreut. Esther, ist vier jährig und geht in den Kindergarten. Ihr Bruder Chris ist sechs jährig und geht in die Vorschule. Die zwei sind nun die jüngsten Kinder in unserer Grossfamilie.
Kurze Zeit später nahmen wir ein weiteres Mädchen – Shantel – auf, das eigentlich schon in der 3. oder 4. Klasse sein sollte. Die Mutter verstarb vor ein paar Jahren. Der Vater, ein Alkoholiker und Taglöhner, lebte mit seiner Tochter, doch vernachlässigte er das Mädchen schwerstens. Die zwei älteren Schwestern schlossen ihre Schulbildung nicht ab. Der Verbleib der ältesten Tochter ist unbekannt. Die mittlere Tochter wurde sehr jung schwanger und lebt mit dem Vater ihres Kindes zusammen. Shantel ist einfach nur glücklich, dass sie in einem Bett schlafen kann, genug zu essen bekommt und zur Schule gehen darf. Sie geht in die erste Klasse.

Im März konnten wir auch einen unserer Jungs, der die Primarschule abschloss, zurück in seine Familie integrieren. Als er im November 2012 zu uns kam, wussten wir nichts über den Verbleib seiner Verwandten. Ein paar Jahre später konnten die Mutter und zwei Brüder ausfindig gemacht werden. Die Mutter kam ihren Sohn sogar einmal bei uns besuchen und verbrachte die Nacht hier. Doch genau einen Monat später verstarb sie. Während der Beerdigung konnte Kontakt mit anderen Verwandten aufgenommen werden. Eine Grosstante lud den Jungen während den Ferien wiederholt zu sich nach Hause ein und so konnte über mehrere Jahre hin eine Beziehung aufgebaut werden.

Letztes Jahr gelang es uns auch, wie durch ein Wunder, die Verwandten eines Mädchens zu finden, das auch schon bald 10 Jahre bei uns lebt. Wir wussten nur, dass das Mädchen ursprünglich im grössten Slum von Nairobi lebte. Es war zuvor in zwei anderen Heimen untergebracht und die Informationen, die wir über seine Herkunft erhielten, waren sehr spärlich. Eines Tages fing sie plötzlich an zu erzählen, wo sie früher lebte und sie konnte uns einen Orientierungspunkt im Slum nennen. Mit Leah, unserer Hausmutter, sowie dem Mädchen, machten wir uns deshalb auf die Suche. Leah ging mit ihr ins Slum und innerhalb kurzer Zeit erkannte das Mädchen einen Fixpunkt. Es konnte sogar eine Frau ausfindig gemacht werden, die sich an das Mädchen erinnerte. An diesem Morgen fanden sie auch heraus, dass ihre Mutter vor ein paar Jahren verstorben ist. Telefonnummern wurden ausgetauscht und die Frau versprach, den Vater ausfindig zu machen. Es ist kaum zu glauben, doch drei Tage später sprach das Mädchen mit ihrem Vater am Telefon. Kurz danach kam er sie besuchen und zusammen besuchten wir die Grossmutter, die weniger als eine halbe Autostunde von uns entfernt lebt. Wir waren alle überwältigt vom Wiedersehen. Seitdem besucht das Mädchen ihre Grossmutter während den Ferien. Das Mädchen hat auch eine ältere Halbschwester, die sie in der Zwischenzeit auch wiedergefunden hat. Ende Jahr wird sie die Sekundarschule abschliessen und es werden Pläne geschmiedet, dass sie zur Grossmutter ziehen kann.

Im Juli wurde ich mit fünf Jungs und einem Mädchen, die schon lange bei uns im Heim leben im Studio eines lokalen Radios- und Fernsehsenders interviewt. Bei diesen sechs Jugendlichen wissen wir überhaupt nichts über ihre Herkunft oder deren Verwandte. Manche dieser Jugendlichen leiden wirklich darunter, dass sie nicht wissen, wo ihre Familien sind. Hofft und betet mit uns, dass wir Verwandte orten können.

Aktuelles aus Soweto:

Es sind harte Zeiten für unsere Familien in Soweto, da alles teurer geworden ist und auch viele Eltern arbeitslos sind. Die Meisten können sich pro Tag nur noch eine Mahlzeit leisten. Sie sind dankbar, dass ihre Kinder entweder in der Schule oder im Clubhouse eine warme Mahlzeit erhalten. Ende Juni durften wir dank Spenden, wieder alle Familien mit einem Lebensmittelpaket versorgen. Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie dankbar die Familien waren und wie sie sich freuten, dass sie wieder kurze Zeit sorglos für ihre Kinder kochen konnten.

Letztes Jahr konnten wir in Soweto das Clubhouse 1 etwas vergrössern und renovieren. Wir haben neue Klassenzimmer und weitere Toiletten eingebaut. Zudem wurde die Halle vergrössert. Wir haben auch eine Werkstatt für Erwachsene eingerichtet. Das Nähatelier findet man nun ebenfalls dort. Die Frauen leiten andere Frauen im Nähen und Stricken an. Vor kurzem durften wir eine weitere Frau anstellen, da die Nachfrage und die Bestellungen für die verschiedenen Produkte recht gut ist. Neu können interessierte Frauen auch Pedicure, Manicure und Coiffeuse erlernen. Eine junge Frau, kommt mehrmals wöchentlich am Abend und leitet Interessierte an, wie man Lederschuhe macht.

Ende letzten Jahres wurde ein Nachbarsgrundstück zum Verkauf angeboten und wir konnten es kaufen. Dort werden nun unbürokratisch für kurze Zeit Kinder in Not beherbergt. Gerade kürzlich konnte ein kleiner Junge, der seine Mutter nicht mehr finden konnte, dort schlafen. Wir haben schon seit ein paar Monaten zwei kleine Jungs dort, da ihre Mutter Alkoholikerin ist und die Buben total vernachlässigt. Wir hoffen immer noch, dass sie sich in Zukunft wieder um ihre Kinder kümmern kann, andernfalls müssen wir eine dauerhafte Lösung suchen. Eine junge Frau, die wir seit vielen Jahren in Soweto unterstützen und die im College eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin macht, schaut mit Hilfe von Florence zu den Kindern. Wir hatten auch schon Frauen dort, die eine Notschlafstelle brauchten.

Liebe Freunde, wir bedanken uns herzlich für all Eure Unterstützung! Es ist nicht selbstverständlich, dass Ihr an unsere Arbeit denkt. Die Kinder, Mitarbeiter, Jonny und ich sind sehr froh und dankbar dafür!
Für all Eure Unterstützung liebe Freunde bedanken wir uns herzlich. Es ist nicht selbstverständlich, dass Ihr unsere Arbeit während dieser schwierigen Zeit nicht vergesst. Die Kinder, Mitarbeiter, Jonny und ich sind Euch sehr froh und dankbar dafür!

Wir wünschen Euch allen gute Gesundheit und Gottes Segen!

Marianne

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