Liebe Maisha Mema Freunde!
Bereitet eine heisse Tasse Tee oder Kaffee zu und macht es Euch auf einem Sessel bequem. Nun seid Ihr bereit für den längsten Weihnachtsbrief aller Zeiten! Wir hoffen, dass dieser Brief Euch einen guten Einblick in unsere Arbeit gibt. Die Paten werden zusätzlich einen Brief von ihren Patenkindern via Post erhalten, die restlichen Freunde und Gönner bekommen diesen Brief. Wir möchten uns herzlich bei Euch für all die Unterstützung bedanken, die wir in diesem Jahr erhielten. Ohne Euch wäre unsere Arbeit hier in Kenia nicht möglich. Wir glauben aber, dass die Kinder und Jugendlichen, die Teil des Maisha Mema-Programmes sind, besser erklären können, warum Eure Unterstützung so wichtig ist. Lest doch zuerst die Geschichte von Erica, einer jungen Frau, die ohne Maisha Mema’s Unterstützung völlig verloren gewesen wäre. Sie hat vor kurzem ihr Studium abgeschlossen:
«Hallo, mein Name ist Erica Matata. Ich würde sagen, dass meine Kindheit mit meinen drei Brüdern, meiner Mutter und meinem Vater ziemlich normal war. Meine Mutter arbeitete in einem Laden und mein Vater als Handwerker. Uns fehlte es an nichts; wir hatten Spielzeug, Kleidung, Schuhe, ein Dach über dem Kopf und gingen in eine gute Schule. Eine große Veränderung geschah aber im Jahr 2010, als uns mein Vater eines Tages verliess. Ich war in der 8. Klasse und bereitete mich gerade auf meine Abschlussprüfung vor. Ich bestand die Prüfung mit guten Noten und hätte nun eine gute Sekundarschule besuchen können. Doch da mein Vater uns allein liess, waren wir plötzlich arm. Deshalb konnten wir nicht mehr in unserer Wohnung bleiben. Zum Glück konnten wir noch einige Zeit bei unserem Onkel Unterschlupf finden. Ich musste meinen Beitrag leisten, um für Unterkunft und Essen zu bezahlen. Ich wollte die Sekundarschule besuchen, leider war dies aufgrund unserer Finanzlage nicht möglich. So beschloss ich, nochmals die 8. Klasse und somit die Abschlussprüfung zu wiederholen, damit ich mit besseren Noten eine Chance habe, um ein Stipendium für die Sekundarschule zu bekommen. Zudem bekamen wir Hilfe aus einer Kirche, damit meine Brüder und ich weiterhin in die Schule konnten. Kurz danach zogen wir auch in eine kleine Wohnung in Soweto. Meine Mutter versuchte uns mit Gelegenheitsarbeiten durchzubringen. Schlussendlich bekam sie eine Stelle als Küchenangestellte an der Schule, die wir besuchten. Wir baten unseren Vater um finanzielle Hilfe, doch er weigerte sich. Wir gingen sogar vor Gericht, doch unser Vater leugnete unverblümt und stritt ab, dass wir seine Kinder sind. Dies war das letzte Mal, dass wir ihn gesehen haben.
Kurze Zeit später wurde mein jüngerer Bruder Maluki in das Maisha Mema-Programm aufgenommen. Ich absolvierte meine Abschlussprüfungen zum zweiten Mal und bestand mit sehr guten Noten, so dass ich ein Stipendium bekam und einen Platz in einer guten Sekundarschule erhielt. Vier Jahre später schloss ich die Sekundarschule erfolgreich ab und erhielt einen Studienplatz an einer Universität. Leider konnte ich wieder aus finanziellen Gründen nicht mit dem Studium beginnen. Deshalb suchte ich mir einen Job. Es gelang mir die verbleibenden Schulden der Sekundarschule zurückzuzahlen. Jedoch hatte ich weiterhin zu wenig Geld für die Universitätsgebühren. Ich war verzweifelt und am Rande einer Depression, als ich sah, wie mein Leben und all meine Träume vor meinen Augen zerfielen. Meine Mutter gab jedoch nicht auf. Im September 2018 wandte sie sich an Florence Kibicho (Leiterin und Sozialarbeiterin) im Maisha Mema Clubhaus und erzählte ihr meine Geschichte. Maisha Mema beschloss daraufhin, mein Studium zu finan-zieren – am letzten Tag bevor die Anmeldefrist für den Studienplatz ablief. Ich war überglücklich! Früh am nächsten Morgen machte ich mich bereits auf den Weg nach Meru, wo sich meine Uni befand. Während meiner gesamten Unizeit musste ich mir keine finanziellen Sorgen machen. Mein Unterhalt, sowie sämtliche Schulkosten wurden durch Maisha Mema gedeckt. Alles, was ich tun musste, war zu studieren! Ich schloss einen Bachelor in ‘Computer Information System’ und in ‚Programmierung UI/UX-Design’ ab.
Leider kämpfte ich in dieser Zeit mit meinem tiefen Selbstwert und anderen Problemen, sodass ich mich oft unzulänglich fühlte. Nach dem Studium als es darum ging, eine Praktikumsstelle zu finden, hatte ich oft grosse Schwierigkeiten, auch nur das Haus zu verlassen. Ich begann, mich mit Elizabeth, einer Beraterin im Clubhaus, zu treffen. Das war der Beginn meines Weges zur Besserung. Ich merkte, wie stark mich die Erinnerungen meiner Vergangenheit belasteten und noch heute mein Leben beeinflussen. Insbesondere die Angst, abgelehnt zu werden oder nicht zu genügen und der Versuch mich möglichst fest anzupassen, um nicht verletzt zu werden, brachten mich dazu, mich selbst zu verlieren. Elizabeth half mir, meinen Schmerz zu bewältigen und meine Wunden zu heilen. Sie half mir, mit meinen Emotionen umzugehen, meine Sorgen und Bedenken, ohne Angst verurteilt zu werden, auszusprechen und vor allem mich selbst mit all meinen Fehlern zu akzeptieren.
Im Anschluss fing ich an, mich auf Praktikumsstellen zu bewerben; insgesamt bewarb ich mich auf über 100 Stellen! Es gelang mir meine Ängste zu überwinden und ich konnte mir schliesslich einen Praktikumsplatz sichern. Da Maisha Mema auch die tägliche Busfahrt bezahlte, musste ich mir auch hier keine Sorgen ums Geld mehr machen. Ich gab mein Bestes und meine Vorgesetzten waren beeindruckt von meinem Talent als Designerin. Das Praktikum sollte sechs Monate dauern. Aber bereits nach vier Monaten bot mir die Firma einen Drei-Jahresvertrag an. Ich bin überglücklich. Ich habe nun auch meine Abschlussarbeit fertig geschrieben und alles ist bereit für die Abschlussfeier an der Uni im nächsten Jahr. Ich arbeite derzeit als UI/UX-Designerin bei LCT Africa Limited und erhalte von Zeit zu Zeit kleine Nebenjobs, die mir zusätzlich etwas einbringen. Ich lerne sozial und teamfähig zu sein, und mein Leben nimmt zunehmend Gestalt an. Während ich diese Geschichte schreibe, möchte ich mich insbesondere bei meiner Mutter, Florence Kibicho, Marianne und Elizabeth bedanken. Sie haben nie aufgegeben und halfen mir, die Person zu werden, die ich heute bin. Ich bin ihnen und Maisha Mema für die Unterstützung sehr dankbar, da ich dadurch meine Ziele erreichen konnte. Sie sind in der Tat ein Segen, nicht nur für mich, sondern für so viele Kinder im Programm!»
Die meisten von Euch wissen, dass sich Maisha Mema nicht nur auf die Kinder konzentriert, sondern dass wir uns um die ganzen Familien kümmern. Die Kinder leben in keinem Vakuum; sie haben Eltern, Geschwister oder andere Menschen um sich herum. Maisha Mema bietet daher, nebst anderem, Ausbildungen zur Friseurin und Kosmetikerin an. Dies ist eine begehrte Qualifikation in Kenia und sichert Arbeit für diejenigen, die gut darin sind. Nun folgt die Geschichte einer Mutter, die im Maisha Mema Friseursalon ausgebildet wird. Ihre Geschichte wird von Florence Kibicho, Leiterin der Clubhaus-Arbeit berichtet:
Mary Nzilani ist Ehefrau und Mutter von 2 Kindern im Alter von 10 und 3 Jahren. Der Erstgeborene ist ein Junge mit besonderen Bedürfnissen, weil er Autismus und ADHS hat. Mary wuchs in einem trockenen Gebiet im Osten Kenias auf und ihre Kindheit war von vielen Herausforderungen geprägt. Zusammen mit ihren fünf Geschwistern, Mary war die Zweitälteste, wuchs sie bei einer alleinerziehenden Mutter auf, die unter Depressionen litt. Die Mutter erkrankte, als Mary in der Primarschule war. Mary hat das Gefühl, dass sie mehr darunter gelitten hat, als ihre Geschwister.
Als sie in der 6. Klasse war, wollte ihre Mutter, dass sie die Schule abbricht, um am öffentlichen Brunnen im Dorf Wasser zu verkaufen oder sich als Hausmädchen anstellen zulassen. Mary ging aber gerne zur Schule und wollte diese nicht abbrechen. Stattdessen arbeitete sie doppelt so hart, um ihre Familie zu ernähren und gleichzeitig ihr Schul-geld zu bezahlen. Jeden Morgen vor der Schule schleppte sie deshalb 400 Liter Wasser. Dadurch finanzierte sie sich zwei Jahre später auch die Primarabschluss-prüfung und erzielte dort ziemlich gute Noten.
Aus finanziellen Gründen konnte Mary nicht die Sekundarschule ihrer Wahl besuchen. Doch es gelang ihr eine Schule zu finden, die sie aufnahm. Oftmals wurde sie jedoch aufgrund von fehlendem Schulgeld wieder nach Hause geschickt. So ist es nur verständlich, dass sie nicht mit guten Noten abschloss. Aber sie ist stolz, dass sie es schaffte ihre Sekundarschule eigenhändig zu finanzieren und abzuschliessen. Sie arbeitete dafür parallel zur Schule, als Hausmädchen für eine Lehrerin. Nach der Sekundarschule zog sie nach Nairobi und arbeitete als Hausmädchen für verschiedene Familien. Manche Arbeitgeber behandelten sie gut, während andere sie ausnutzten.
Sie heiratete im Jahr 2012, früher als sie eigentlich hoffte. Sie war am Boden zerstört, als sie herausfand, dass ihr kränkliches Kind an einer Krankheit litt, die in Kenia stark stigmatisiert ist. Ihre Schwiegereltern gaben ihr die Schuld, dass sie ein beeinträchtigtes Kind zur Welt brachte. Der Ehemann leistete teilweise Unterstützung, wenn auch nicht ganz. Der grösste Teil der Verantwortung liegt bei Mary. Um über die Runden zu kommen, betreibt sie verschiedene Geschäfte, wie den Verkauf von Obst und Second-Hand-Kleidung.
Mary hatte schon immer den Wunsch einen Friseur- und Kosmetikkurs zu besuchen. Ende letzten Jahres meldete sie sich für einen sechsmonatigen Kurs an. Aber sie konnte die Gebühren nur für drei Monate aufbringen. Ein noch grösseres Problem war der Kauf von Schönheitsprodukten, welche für den Kurs notwendig waren. Marys Ehemann weigerte sich, sie zu unterstützen. Er dachte, wie viele in Kenia, dass die meisten Kosmetikerinnen Prostituierte sind, dass sie tratschen und Gerüchte verbreiten. Mary blieb dann mehrere Monate zu Hause, bis sie eines Tages eine Freundin traf, die ihr von Maisha Mema erzählte. Mary ist nun sehr glücklich, denn seit Juni lernt sie im Clubhaus gratis das Handwerk zur Friseurin und Kosmetikerin. Alles, was benötigt wird, wird ihr und den anderen Lernenden zur Verfügung gestellt.
Sie hat zwei Kämpfe, die sie ausfechtet. Zum einem möchte sie ihrem Ehemann und anderen Gleichgesinnten beweisen, dass Kosmetikerinnen verantwortungsbewusste und zielstrebige Menschen sind. Zum anderen möchte sie die Stigmatisierung von beeinträchtigten Kindern, wie es ihr Sohn ist, bekämpfen, indem sie versucht, ihr Bestes zu geben als Mutter eines Knaben mit besonderen Bedürfnissen. Sie möchte ein Sprachrohr sein für Eltern, die auch solche Kindern haben. Ihre Hoffnung ist, dass Familien die Kraft bekommen, ihre Kinder anzunehmen, ohne sie in den Häusern einzusperren. Sie glaubt, dass sie eines Tages, nachdem sie in verschiedenen Salons gearbeitet hat, einen eigenen Friseur- und Schönheitssalon eröffnen kann, um ihren Kunden erstklassigen Service zu bieten.
Morgens kauft sie auf dem Markt ein und geht dann von Tür zu Tür, um ihre Ware zu verkaufen. Ihre beiden Kinder lässt sie in der Obhut einer Freundin, die sie dafür bezahlt. Am Nachmittag besucht sie den Unterricht im Clubhaus. Sie ist Maisha Mema dankbar, dass sie einen Kurs mitten im Slum von Soweto anbieten. Dadurch werde jungen Müttern, welche zwar den Wunsch aber nicht die Finanzen hätten, einen solchen Kurs zu besuchen, geholfen. Danke Maisha Mema!
Erwähnenswert in Soweto ist die Eröffnung unserer nagelneuen Sporthalle! Dank sehr guten Maisha Mema Freunden konnten wir diese Halle mit einem ordentlichen Dach und einem guten Kunstrasenteppich ausstatten. Es ist, wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt, ein sehr beliebter Ort der Maisha Mema Kinder und Jugendlichen. Allan Wanga, 6. Klasse, 13 Jahre alt, schreibt im Weihnachtsbrief an seinen Paten: „Wir haben einen neuen Sportplatz im Maisha Mema Clubhaus. Er hat einen Kunstrasen, ist sauber, geschlossen, privat und überdacht. Wir können uns während des Trainings konzentrieren, sind geschützt von Sonne und Hitze und es ist sehr, sehr angenehm dort zu spielen.“ Ein anderer Knabe kommen-tierte: „Normalerweise sind wir am Wochen-ende sehr aktiv im Maisha Mema Clubhaus. So bleiben wir fit und sind mit Positivem beschäftigt.“
Wir alle wissen, dass es wichtig ist, Prioritäten zu setzen. Um den Grundstein für ein gutes Leben zu legen, sollten diese Entscheidungen frühzeitig getroffen werden. Benson in der 2. Klasse, 11 Jahre alt, schreibt über seinen besten Freund Lennox: „Ich mag ihn, weil er gut erzogen ist. Auch er ist in Maisha Mema.“ Lennox, ebenfalls in der 2. Klasse, 10 Jahre alt, sagt: „Mein bester Freund ist Benson. Er ist ein sehr guter Junge. Er streitet nicht mit anderen und stört sie auch nicht.“
Sharon Achieng aus der 7. Klasse schreibt: „Die Schulen sind jetzt geschlossen. Ich habe vor, mich durch den Stoff von diesem Jahr durchzuarbeiten, so dass ich im nächsten Jahr eine bessere Note haben werde. Das wird einfach sein, weil Maisha Mema mir Nachhilfe geben wird. Maisha Mema stellt auch alles Material, das ich brauche, zur Verfügung. Wenn ich in einem Fach Schwierigkeiten habe, konsultiere ich meine Lehrer. Ich werde auch nicht abgelenkt und man findet mich nicht in schlechter Gesellschaft, weil ich die meiste Zeit im Clubhouse von Maisha Mema verbringe.“
Nun lesen wir, was Clement Odhiambo Otieno in der 6. Klasse, 13 Jahre alt, über Herausforderungen, die ein Kind in den Slums hat, schreibt: „Ich weiß, dass ich mich von schlechten Einflüssen fernhalten muss. Ich sehe viele Menschen in unserer Nachbarschaft, die ihr Leben kaputt machen, in dem sie harte Drogen konsumieren, alkoholabhängig werden, sich auf Glücksspiele einlassen oder in schlechten Gruppierungen und Banden verwickelt sind. Ich weiss, dass ich mich entscheiden muss, nicht mit meinem Leben zu spielen, weil ich nur ein Leben habe … Maisha Mema hat gute Methoden, damit wir uns aktiv an positiven Aktivitäten beteiligen, die uns helfen, unser Leben zu verbessern.“ Und schließlich erwähnte ein Junge, was ein weiser Mann einmal sagte: „Nichts funktioniert, wenn du nicht daran arbeitest!„
Einige von euch werden sich an Shellin erinnern, eines der neusten Mädchen in unserer Familie in Tigoni. Sie hat ein Hörproblem, welches auch zu einem etwas schlechteren Selbstbewusstsein beigetragen hat. Im November wurde sie im Kenyatta National Hospital operiert und erholt sich derzeit davon. Bisher haben wir noch keine allzu große Veränderung festgestellt, so dass sie wahr-scheinlich ein Hörgerät brauchen wird. Die Operation war trotzdem notwendig. Auf dem Foto ist sie zusammen mit unseren anderen Kindern in unserem Wald und pflanzt während dem ‘National Tree Planting Day’ einen Baum.
Dies war ein langer Weihnachtsbrief. Aber wir hoffen, dass er auch eine wichtige Bedeutung von Weihnachten aufzeigt, nämlich die, sich umeinander zu kümmern. Mögen wir füreinander da sein, in der Weihnachtszeit – aber auch im kommenden Jahr. Seid gewiss, dass wir Euch sehr schätzen; dank Euch können wir uns im Clubhaus Soweto und in unserer Grossfamilie in Tigoni einbringen! Wir wünschen Euch ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute im neuen Jahr.
Herzliche Grüsse von Jonny und Marianne sowie allen in Maisha Mema 😊.